Förderung
Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung Norderney e.V.
Projektteam
IfRBad Rothenfelde: Susanne Dibbelt, Claudia Niemeyer, Bernhard Greitemann
Laufzeit
2001 bis 2004
Kurzbeschreibung
Ziel des Projektes IOPKO war es, die Effekte eines multimodalen Behandlungsprogrammes für Rehabilitanden mit chronischen Rückenschmerzen (Rückenfit) hinsichtlich seiner kurz- und langfristigen Effekte auf Gesundheitsstatus und Erwerbsfähigkeit von Rehabilitanden zu evaluieren.
Projektbeschreibung
In internationalen Studien scheint die Effektivität multimodaler Behandlungsprogramme bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen im Rahmen stationärer Behandlung gesichert. Jedoch fallen in den in Deutschland durchgeführten Studien Effekte zu den mittel- bis langfristigen Katamnesen nur mäßig aus. Im Rahmen des IOPKO-Projektes wurde eine Reihe von Maßnahmen zur nachhaltigen Förderung der Krankheitsbewältigung und der beruflichen Wiedereingliederung von Patienten mit Erkrankungen des Bewegungsapparates entwickelt und evaluiert.
Diese Maßnahmen umfassen: (1) intensive multiprofessionelle Eingangsdiagnostik und beschleunigte Zuweisung zu Psychologen und Sozialdienst bei beruflichen und psychischen Problemen; (2) die Bildung (hinsichtlich der Teilhabestörung) homogener Patientengruppen auf der Basis einer multiprofessionellen Diagnostik; (3) differenzielle Behandlungsangebote, darunter ein multimodales Therapieprogramm (Rückenfit) für Patienten mit einem hohen Chronifizierungsrisiko und psychischen Problemen; (4) interaktive Schulungsmodule zur Praxis der Leistungsbeurteilung, des Rentenrechtes und zu Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation (Teilhabe am Arbeitsleben) und (5) arbeitsplatznahe rehabilitative Trainingsmodule.
Methoden
Alle Maßnahmen, die im Rahmen des Konzeptes eingeführt wurden, waren Gegenstand einer kontrollierten prospektiven Bewertungsstudie, in der die Outcomes der Standard-Reha mit denen der Maßnahmen des IOPKO-Konzeptesverglichen wurden. Teilnehmer der Studie waren 482 Patienten der Klinik Münsterland, von denen 307 der Studiengruppe und 176 der Kontrollgruppe zugeordnet wurden. Die Teilnehmer der Studiengruppe erhielten neben einem individuellen Behandlungsprogramm die oben genannten Maßnahmen, während diese zur Erhebung der Kontrollgruppe ausgesetzt wurden. Die Daten für die Kontroll- und Studiengruppe wurden alternierend in Zeitblöcken von drei Monaten erhoben.
Ergebnisse
Gesamtstichprobe: Einschränkungen der Funktion, Schmerzen und psychische Belastungen hatten sich zu Ende des stationären Aufenthaltes und auch 10 Monate danach in der Studiengruppe stärker reduziert als in der Vergleichsgruppe. Die Arbeitsunfähigkeitstage hatten sich 10 Monate nach Entlassung im Vergleich zu einem analogen Zeitraum vor der Reha um 75% reduziert. In Bezug auf die genannten Parameter ergaben sich in der Studiengruppe moderate bis starke Effekte, die die der Kontrollgruppe übertrafen.
Teilstichprobe von Patienten mit hohem Chronifizierungsrisiko: Patienten einer Teilstichprobe mit fortgeschrittener Schmerzchronifizierung oder hohem Chronifizierungsrisiko, die das Therapieprogramm „Rückenfit“ durchliefen, verbesserten sich ebenfalls stärker als Patienten mit vergleichbaren Einschränkungen, die ein Standard-Reha-Progamm erhielten. Auch für diese Teilstichprobe fanden wir überlegene moderate bis starke Effekte im Hinblick auf den funktionalen und somatischen Status. Stärker als Patienten der Gesamtstichprobe verbesserten sich diese Patienten im Hinblick auf die Depressivität und die psychische Belastung. In Bezug auf die Schmerzbelastung verbesserten sich beide Gruppen, Kontroll- und Studiengruppe, erheblich, aber ohne Unterschied.
Zusammenfassung
In dieser Studie konnte nachgewiesen werden, dass stationäre orthopädische Rehabilitation in einem konsequent interdisziplinären Setting und einer multimodalen Therapie mit einem Fokus auf Aktivierung und Motivierung nachhaltige positive Effekte sowohl in Bezug auf die von Patienten wahrgenommene körperliche und psychische Besserung als auch auf ökonomische Parameter wie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen haben kann.
Hinweise für die Praxisumsetzung
Die Ergebnisse dokumentieren die Bedeutung der multimodalen Therapie, der interdisziplinären Zusammenarbeit im Reha-Team, des differenzierten Umgangs mit Patienten mit chronischen Rückenschmerzen sowie der Mitbehandlung von beruflichen und psychosozialen Problemen. Ein multimodales Konzept sollte daher zum Standard der Rehabilitation bei unspezifischen Rückenschmerzen gehören.
Publikationen und Vorträge zum Projekt:
Greitemann B, Dibbelt S, Büschel C (2007). Bedarfsabhängige Zuweisung zu spezifischen Interventionen eines Rückenschulungsprogramms. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 75 (1), 40-43.
Dibbelt S, Greitemann B, Büschel C (2006). Nachhaltigkeit orthopädischer Rehabilitation bei chronischen Rückenschmerzen – Das integrierte Orthopädisch-Psychosomatische Behandlungskonzept (IOPKO). Die Rehabilitation, 45, 324-335.
Greitemann B, Dibbelt S, Büschel, C (2006). Integriertes Orthopädisch-Psychosomatisches Konzept zur medizinischen Rehabilitation von Patienten mit chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates – Langfristige Effekte und Nachhaltigkeit eines multimodalen Programms zur Aktivierung und beruflichen Umorientierung. Zeitschrift für Orthopädie und ihre Grenzgebiete, 144 (3), 255-266.
Dibbelt S, Büschel C, Greitemann B (2006). Chronische Rückenschmerzen: Profitieren stärker chronifizierte Patienten weniger von der orthopädischen Rehabilitation? Vortrag auf dem 15. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium: „Rehabilitation und Arbeitswelt – Herausforderungen und Strategien“ in Bayreuth 13.-15.03.2006. DRV-Schriften, 64, 355-357.
Büschel C, Dibbelt S, Greitemann B (2005). Jedem das Seine oder allen das Gleiche? Die biopsychosozialeAusgangslage, die Wertigkeiten und die Erfüllung von Erwartungensowie der Erfolg von stationären orthopädischen Reha-Patientinnen im Geschlechtervergleich. Vortrag auf dem 14. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium: „Rehabilitationsforschung in Deutschland – Stand und Perspektiven“ 28.02.-02.03.2005 in Hannover. DRV-Schriften, 59, 156-158.
Dibbelt S, Büschel C, Greitemann B (2005). Kontrollwahrnehmung, Krankheitsbewältigung und Wohlbefinden: Welche Ressourcen vermitteln positive Effekte des multimodalen Therapieprogramms „Rückenfit“ für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen? Vortrag auf dem 14. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium: „Rehabilitationsforschung in Deutschland – Stand und Perspektiven“ 28.02.-02.03.2005 in Hannover. DRV-Schriften, 59, 284-285.
Dibbelt S, Büschel C, Greitemann B (2005). Der Zusammenhang zwischen Erwartungen und Outcomes in der stationären Rehabilitation. Vortrag auf der 32. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) in Berlin.
Büschel C, Dibbelt S, Greitemann B (2004). Patientenerwartungen als Prädiktoren von Reha-Erfolg und allgemeiner Krankheitsbewältigung in der stationären orthopädischen Rehabilitation. Erster Posterpreis auf dem 13. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium: „Selbstkompetenz - Weg und Ziel der Rehabilitation“ 08.-10.03.2004 in Düsseldorf. DRV-Schriften, 52, 467-468.
Büschel C, Dibbelt S, Greitemann B (2004). Möglichkeiten der Beeinflussung von Reha-Motivation in der orthopädischen Rehabilitation. Vortrag auf der Wissenschaftlichen Jahrestagung des Forschungsverbunds Rehabilitationswissenschaften NRW: „Reha-Motivation – Theorien, Assessment und Relevanz für die Rehabilitation“ am 13.05.2006 in Münster.
DibbeltS, Büschel C, Greitemann B (2004). Langfristige Effekte eines multimodalen Therapieprogramms bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Vortrag auf dem 13. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium: „Selbstkompetenz - Weg und Ziel der Rehabilitation“ 08.-10.03.2004 in Düsseldorf. DRV-Schriften, 52, 462-464.
Dibbelt S, Büschel C, Greitemann B (2004). Patientenerwartungen – Prädiktoren für Reha-Erfolg und Krankheitsbewältigung? Vortrag im Rehabilitationswissenschaftlichen Seminar an der Universität Würzburg am 24.11.2004.
Dibbelt S, Büschel C, Greitemann B (2003). Langzeiteffektivität rthopädischerrehabilitation beim chronischen Rückenschmerz. Vortrag auf der Wissenschaftlichen Jahrestagung des Forschungsverbunds Rehabilitationswissenschaften NRW: „Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Rehabilitation“ am 27.11.2003 in Recklinghausen.