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PARZIVAR II: Partizipative Reha-Ziel-Vereinbarung II

Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation II: Optimierung der Implementierung durch individuelle Schulung und Begleitung von Behandlern

Förderung

Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung Norderney e.V.

Projektteam

SEVERA (vormals AQMS), Universitätsklinikum Freiburg: Manuela Glattacker, Antje Ullrich, Maria Garbrecht, Oskar Mittag,Wilfried Jäckel;
IfR Bad Rothenfelde:Susanne Dibbelt, Sylvia Freund, Bernhard Greitemann

Laufzeit

01.07.2012 bis 31.12.2014

Kurzbeschreibung

Ziel des Projektes PARZIVAR II war es, die Durchführung der in PARZVAR I entwickelten Intervention zur partizipativen Vereinbarung und Weiterentwicklung teilhabeorientierter Reha-Ziele intensiv und individuell zu trainieren und deren Effektivität hinsichtlich zahlreicher Aspekte der Gesundheitskompetenz und des Gesundheitsstatus von Rehabilitanden zu evaluieren.

Projektbeschreibung

Mit Rehabilitanden individuelle Ziele auszuhandeln und deren Erreichung zu verfolgen ist ein zentraler Prozess in der Rehabilitation. Die Umsetzung wichtiger Qualitätsanforderungen an Zielvereinbarungen, darunter vor allem die Einbindung der Rehabilitanden in die Zielarbeit wie auch die Evidenz zur Wirksamkeit von Reha-Zielvereinbarungen werden in der Literatur eher skeptisch bewertet (Meyer et al., 2009; Glattacker et al., 2013).

Das Projekt zielte darauf ab, die Umsetzung der folgenden Qualitätsanforderungen an Zielvereinbarungen in der klinischen Praxis zu fördern:

  1. Rehabilitanden sollten an der Erarbeitung, Formulierung und Nachverfolgung ihrer Reha-Ziele aktiv beteiligt werden (Partizipation).
  2. Reha-Ziele sollten für Rehabilitanden persönlich bedeutsam sein, d. h. auf die Wiedergewinnung von Aktivitäten bezogen sein, die durch die Erkrankung eingeschränkt und dem Rehabilitanden wichtig sind (Teilhabeorientierung).
  3. Reha-Ziele sollten konkret und möglichst anhand beobachtbarer Zielgrößen formuliert sein, damit Fortschritte und Zielerreichung überprüft werden können (Messbarkeit).
  4. Die zu Beginn der Rehabilitation formulierten Reha-Ziele sollten im Verlauf des Aufenthalts weiterverfolgt, bei Bedarf angepasst und auch über die Dauer des stationären Aufenthalts hinaus weiterentwickelt werden (Prozessorientierung).

Im Projekt PARZIVAR I wurde eine Intervention entwickelt und erprobt, die Ärzte und Therapeuten bei der Vereinbarung von Reha-Zielen mit Rehabilitanden unterstützen kann: Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation. Die Behandler wurden anhand eines Manuals darin geschult, die PARZIVAR-Intervention durchzuführen.
Im Projekt PARZIVAR II wurde das eintägige Gruppentraining durch ein zusätzliches individuelles Coaching der Ärzte ergänzt, das (zunächst vor Ort, dann telefonisch) in vier orthopädischen Rehabilitationskliniken die Durchführung von Testfällen bedarfsorientiert begleitete. So sollte die Umsetzung der Intervention optimiert werden.

Methodisches Vorgehen

Die Wirksamkeit der Intervention wurde mittels eines sequentiellen Kontrollgruppendesigns überprüft: Die Rehabilitanden der Kontrollgruppe (N = 125) wurden vor der Durchführung des Trainings und des Coachings befragt, erhielten also Zielvereinbarungen nach üblicher Praxis, die Rehabilitanden der Studiengruppe (N = 154) dagegen wurden nach dem Training und der Implementation der Intervention befragt. Jeder der 279 Rehabilitanden mit chronischen Rückenschmerzen, deren Daten in die Ergebnisevaluation eingingen, bearbeitete insgesamt drei Fragebögen: je einen vor der Rehabilitation (t0), bei Entlassung (t1) und 6 Wochen nach Entlassung (t2).

Anhand mehrerer Fragen wurde erhoben, ob in den Gesprächen über Reha-Ziele, die Rehabilitanden während des Aufenthaltes geführt hatten, die oben genannten Qualitätskriterien realisiert werden konnten. Der daraus gebildete Index Erfüllungsgrad partizipativer Zielvereinbarung war eine der Zielgrößen der Ergebnisevaluation, außerdem wurden verschiedene Aspekte des psychischen und somatischen Gesundheitsstatus sowie die Qualität der Arzt-Patienten-Interaktion aus Sicht der Rehabilitanden erfasst.
Nach Abschluss der Erhebung der Studiengruppe wurde die Zufriedenheit der Behandler mit der PARZIVAR-Intervention mittels eines standardisierten Fragebogens erhoben. Dieser Fragebogen wurde von 10 der 14 beteiligten Ärzte beantwortet und fragte nach der Bewertung des Trainings und des Coachings, nach der Umsetzbarkeit der Intervention sowie nach der Praktikabilität der Arbeitsblätter und des dazu erstellten Manuals.

Außerdem wurden die Arbeitsblätter der Rehabilitanden der Studiengruppe, auf denen die im Rahmen der PARZIVAR-Intervention geführten Gespräche dokumentiert werden sollten (K1: Vereinbarung der Anfangsziele in der Klinik, K2: Zwischenbilanz und Zielanpassung, K3: Endbilanz und Vereinbarung von Zielen nach Entlassung, Z: Detaillierte Planung der Umsetzung von Zielen zuhause), daraufhin untersucht, ob und wie „interventionsgetreu“ die einzelnen Felder ausgefüllt worden waren.

Ergebnisse

Die Rehabilitanden der Studiengruppe bewerteten Qualitätsaspekte der partizipativen Zielvereinbarung (u. a. das Einbezogen-Sein des Rehabilitanden, die persönliche Bedeutung der Ziele und die Weiterverfolgung der Ziele im Laufe der Rehabilitation) häufiger als gegeben als die Rehabilitanden der Kontrollgruppe. Auch die Kommunikation mit den Behandlern wurde von Rehabilitanden, die PARZIVAR-Gespräche geführt hatten, besser bewertet als von Rehabilitanden, die Zielvereinbarungen nach der üblichen Praxis erhalten hatten. Zudem zeigten sich überlegene Effekte der PARZIVAR-Intervention auf Lebensqualität und Schmerzverarbeitung (Skalen schmerzbedingte Angst und schmerzbedingter Ärger aus FESV; Geissner, 2001).

In der Zufriedenheitsbefragung der Behandler wurden das Arbeitsmanual, das Gruppentraining und das Coaching als überwiegend hilfreich angesehen. Der Nutzen der Arbeitsblätter wurde dagegen von der Mehrheit der Ärzte als eher gering eingeschätzt.

Wenngleich der Nutzen der Arbeitsblätter von den Behandlern in der Zufriedenheitsbefragung eher skeptisch beurteilt wurde, war der Erfüllungsgrad der Bearbeitung der Arbeitsblätter relativ hoch. In 115 Fällen (93%) von 123 waren alle vier Arbeitsblätter vorhanden und erkennbar bearbeitet. Dabei waren die Qualität und die Interventionstreue der Eintragungen recht unterschiedlich. Dies betraf insbesondere den Bezug der Reha-Ziele auf konkrete Teilhabeziele und die Quantifizierung von Ist- und Sollwerten. Eine Änderung der Ziele infolge der Zwischenbilanz erfolgte nur in wenigen Fällen.

Diskussion

Die PARZIVAR-Intervention zur Umsetzung zentraler Qualitätsaspekte partizipativer Zielvereinbarungen ist komplex, so dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen der klinischen Praxis während des Erhebungszeitraums nicht alle Aspekte der Intervention optimal erfüllt werden konnten.

Dennoch wurden im Projekt PARZIVAR II mit der Kombination aus Gruppentraining und individuellem Coaching der Behandler deutliche Effekte auf die Qualität der Zielarbeit und die Qualität der Interaktion zwischen Arzt und Patient erzielt, wie die Ergebnisse aus der Patientenbefragung zeigen. Auch war der Effekt der Rehabilitation auf die Lebensqualität und Schmerzverarbeitung der Rehabilitanden nach Einführung der PARZIVAR-Intervention stärker.

Partizipative Zielvereinbarungen sind demnach offenbar ein Mittel, um die positiven Effekte einer Rehabilitation zu steigern. Das Gelingen partizipativer und zielorientierter Kommunikation mit Rehabilitanden erfordert Engagement von beiden Seiten; die PARZIVAR-Intervention kann Behandler darin nachweislich wirksam unterstützen, wenn die Einführung gründlich vorbereitet und begleitet wird.

Publikationen und Vorträge zu dem Projekt

Ullrich A, Mittag O, Garbrecht M, Dibbelt S, Glattacker M (2015). Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation (ParZivar II): Evaluation einer Intervention bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Die Rehabilitation, 54, 317-324.

Ullrich A, Garbrecht M, Mittag O, Glattacker M (2014). PARZIVAR II. Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation II: Optimierung der Implementierung durch individuelle Schulung und Begleitung von Behandlern. Abschlussbericht zum Projekt PARZIVAR II des Institutes für Qualitätsmanagement und Sozialmedizin an der Universitätsklinikum Freiburg (AQMS).

Dibbelt S, Freund S (2014). PARZIVAR II. Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation II: Optimierung der Implementierung durch individuelle Schulung und Begleitung von Behandlern. Abschlussbericht zum Projekt PARZIVAR II des Institutes für Rehabilitationsforschung Norderney (IfR).

Dibbelt S, Freund S, Greitemann B (2014). PARZIVAR II. Partizipative Zielvereinbarung in der Rehabilitation II: Optimierung der Implementierung durch individuelle Schulung und Begleitung von Behandlern. Manual. Anlage zum Abschlussbericht zum Projekt PARZIVAR II des Institutes für Rehabilitationsforschung Norderney (IfR).