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Projekt Pro MBOR: Formative Prozessevaluation der medizinisch-beruflichen Rehabilitation im Kompetenzzentrum Bad Rothenfelde

Förderung

Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung Norderney e.V.

Projektteam

Susanne Dibbelt, Bernhard Greitemann, Edith Wulfert, Danilo Postin

Laufzeit

01.07.2014 bis 30.06.2016

Kurzbeschreibung

Ziel des Projektes PRO MBOR ist es, die Abläufe und die Qualität der Maßnahmen zur medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) in drei Rehabilitationseinrichtungen und in einem gemeinsam betriebenen Kompetenzzentrum für arbeitsplatzbezogenes Training formativ zu evaluieren.

Projektbeschreibung: Hintergrund

Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) und insbesondere das arbeitsplatzbezogene Training gilt als effektive Intervention für Personen mit besonderen beruflichen Problemlagen (Bethge, 2010, 2011; Bethge et al., 2012a, 2012b; 2011a, 2011b, 2010; Streibelt, Hansmeier & Müller-Fahrnow, 2006; Streibelt & Buschmann-Steinhage, 2011). Arbeitsplatzbezogenes Training scheint dann besonders effektiv zu sein, wenn es in einer realistischen Arbeitsumgebung stattfindet. Das Zentrum für Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR), das im September 2014 in Bad Rothenfelde eröffnet wurde, hält auf einer Fläche von über 2.000 Quadratmetern eine Vielzahl solcher simulierten Arbeitsplätze vor, darunter Werkstätten, Büros, eine Autowerkstatt, eine Pflegestation sowie ein komplettes Haus im Rohbau, an dem u.a. Maurer- und Dachdeckerarbeiten trainiert werden können. Ein nach neuesten Erkenntnissen ausgestatteter Workpark erlaubt eine differenzierte Diagnostik der Arbeitsfähigkeit sowie das Training spezifischer Bewegungen. Schulungen mit beruflichen Schwerpunkten finden in gut ausgestatteten Seminarräumen ebenfalls in der Halle statt.

Das Kompetenzzentrum wird von drei Reha-Einrichtungen in Kooperation betrieben, derzeit in Form einer gemeinsamen, aber unabhängigen Nutzung des Zentrums (Phase 1). In einer weiteren Phase (2) ist geplant, die berufsbezogenen Angebote der Kliniken zu bündeln und klinikübergreifend anzubieten, um Synergieeffekte zu nutzen und langfristig den Aufwand zu optimieren.
Eine solche Kooperation mehrerer Einrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft und mit unterschiedlichen Indikationen in einem Zentrum für Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) bietet Chancen, aber auch zahlreiche Herausforderungen, zu deren Bewältigung das Projekt Pro MBOR beitragen sollte.

Ziele

Das Ziel des Projektes Pro MBOR war es, die Zusammenführung der MBOR-Konzepte dreier Rehabilitationseinrichtungen in einem gemeinsamen „Kompetenzzentrum medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation Bad Rothenfelde“ wissenschaftlich zu begleiten und im Hinblick auf die Abläufe und die Qualität der Zusammenarbeit formativ zu evaluieren.

Methode

Die Güte der Zuweisung, der Zusammenarbeit (Kommunikation, Kooperation, Informationsflüsse) und die Qualität der Durchführung berufsbezogener Maßnahmen, insbesondere des Arbeitsplatztrainings wurden mit qualitativen (Interviews mit Mitarbeitern und Patienten) und quantitativen Methoden (Befragungen der Mitarbeiter und Patienten) erfasst (a). Im Rahmen von Fokusgruppen wurden die Prozesse anhand der Befragungsergebnisse analysiert und bewertet. Dieser Prozess mündete in eine Vereinbarung gemeinsamer Optimierungsziele und -Pläne, deren Umsetzung nach 6 Monaten in einer weiteren Fokusgruppe überprüft wurde (b). Ein weiteres Ergebnis der Studie waren Empfehlungen zur einrichtungs-übergreifenden Umsetzung der MBOR in einem gemeinsamen Trainingszentrum (c).

Ergebnisse

1. Leitfadengestützte Interviews mit Mitarbeitern aller drei Reha-Einrichtungen

Mittels der Interviews mit Mitarbeitern der drei Reha-Einrichtungen konnten drei wesentliche und in allen Abteilungen bestehende Problemfelder ausfindig gemacht werden:

  • Die Zuweisung der Rehabilitanden zur MBOR und die Vereinheitlichung der Ein- und insbesondere auch der Ausschlusskriterien
  • Die Kommunikation im Team, darunter vor allem die Kommunikation zwischen verordnenden Ärzten und Therapeuten zu Auftrag, Passung und Erfolg der MBOR-Maßnahmen
  • Die Information von MBOR-Patienten zu den Zielen und zur Art der Maßnahmen

2. Leitfadengestützte Interviews mit Rehabilitanden zur Zufriedenheit mit den und zur Bewertung der MBOR-Maßnahmen

  • Die Zufriedenheit der Rehabilitanden hing vor allem ab von der Konkretheit der beruflichen Fragestellung, die bei Rehabilitanden mit konkreter Jobperspektive eher gegeben war als z. B. bei Langzeitarbeitslosen.
  • Wenn eine psychologische Problematik im Vordergrund stand, wurden entsprechende Maßnahmen und Projekte als sehr hilfreich empfunden.

3. Durchführung der Fokusgruppen und Ergebnisse

Klinikinterne Fokusgruppen

In jeder der beteiligten Einrichtungen wurden mindestens 2 klinikinterne Fokusgruppen im Abstand von 6 Monaten durchgeführt. Diese dienten der Analyse und Bewertung der auf die MBOR bezogenen Abläufe. Die in den Mitarbeiter-Interviews und im Mitarbeiterfragebogen thematisierten Problemfelder wurden analysiert und Lösungen dazu beraten. Die Analyse und Bewertung mündete in eine Vereinbarung von Optimierungszielen und -plänen, deren Umsetzung in einer weiteren einrichtungsinternen Fokusgruppe überprüft wurde. So wurden u. a. z. B. ein Katalog von Ein- und Ausschlusskriterien, ein Leitfaden und ein Fragebogen für das ärztliche Aufnahmegespräch zur Detektion beruflicher Problemlagen erstellt, Einführungsvorträge und Flyer zur Patienteninformation erstellt oder überarbeitet sowie Personal (Ärzte, Therapeuten) in der Aufklärung von Rehabilitanden zur MBOR geschult. Weiterhin wurden Informationsflüsse innerhalb des Teams neu organisiert.

Klinikübergreifende Fokusgruppen

In den klinikübergreifenden Fokusgruppen, die ebenfalls zweimal im Abstand von 6 Monaten stattfanden, wurden klinikübergreifende Problemfelder der MBOR-Abläufe identifiziert und Lösungsstrategien ausgetauscht. Außerdem wurden vier Kooperationsprojekte zu einrichtungsübergreifenden Trainings- und Therapieangeboten entwickelt und geplant, etwa ein Training für LKW-Fahrer, ein Training für Büroarbeitsplätze, ein Vortrag „Chronischer Schmerz“ sowie ein psychologisches Training zur Konflikt- und Stressbewältigung. Die Umsetzung der Kooperationsprojekte in den Probebetrieb war aufgrund von Umstrukturierungs-prozessen in einer Einrichtung nicht mehr im Rahmen der Projektlaufzeit möglich.

4. Befragung der Mitarbeiter mittels Fragebogen zur Zufriedenheit mit den Prozessen der MBOR und zur Einstellung zu einer klinikübergreifenden Versorgungspraxis

Die erste Befragung wurde vor Durchführung der Fokusgruppen durchgeführt und im Abstand von 12 Monaten nach Abschluss der Fokusgruppen wiederholt.

  • Die erste Mitarbeiterbefragung wurde vor der Durchführung der Fokusgruppen durchgeführt, die zweite Befragung erfolgte im November 2016. Da die Daten der zweiten Mitarbeiterbefragung noch nicht vollständig ausgewertet vorliegen, erfolgt die Darstellung dieser Ergebnisse im endgültigen Abschlussbericht.
  • Die erste Befragung ergab ein mittleres Niveau der Zufriedenheit mit den Abläufen der MBOR. Am geringsten war die Zufriedenheit mit der Klinikkooperation (Phase 2), die zu diesem Zeitpunkt in der geplanten Form noch nicht eingeleitet war. In Freitexten benannten die Mitarbeiter konkrete Problemfelder und Themen, die u.a. in den Fokusgruppen bearbeitet werden sollten.

5. Fallzahlerhebung und Trefferquote der trägerseitigen Zuweisung

In jeder Einrichtung wurde erhoben, wie viele Rehabilitanden im Jahr 2015 Maßnahmen der Stufe MBOR B durchlaufen hatten, welchen Anteil diese an der Gesamtzahl der Heilverfahren hatten und wie viele davon Maßnahmen im Kompetenzzentrum erhielten. Insgesamt wurden 2015 in den drei Einrichtungen 6149 Patienten im Heilverfahren rehabilitiert. 1742 (28,3%) davon wiesen besondere berufliche Problemlagen auf und wurden MBOR-B-Maßnahmen zugewiesen. In 640 (36,7%) von diesen Fällen wurde das MBOR-Kompetenzzentrum genutzt.

In einer Einrichtung weist der Träger der Einrichtung Rehabilitanden zu, die nach Aktenlage MBOR-B-Bedarf haben. In der Klinik wird der MBOR-B-Bedarf durch ein multiprofessionelles Team überprüft. Die Wahrscheinlichkeit einer Verplanung in MBOR B unter der Bedingung einer positiven Empfehlung des Trägers für MBOR B betrug 57%, d. h. die Klinik schloss 43% der Fälle aus, die der Träger zugewiesen hatte (eine relativ hohe Quote von falsch positiven Trägerzuweisungen). Da eine differenzierte Einschätzung des MBOR-Bedarfes tatsächlich erst in der Klinik möglich und aufgrund eines Systems von MBOR-Schwerpunktkliniken eine negative Entscheidung (gegen MBOR B) nicht reversibel ist, ist dies jedoch eine sinnvolle Strategie.

Fazit und Umsetzungsempfehlungen

Die im Projekt Pro MBOR durchgeführten Maßnahmen zur Prozessevaluation haben zu faktischen Verbesserungen der Abläufe und zur Entwicklung neuer Interventionskonzepte und Kooperationsmodelle geführt. Dabei wurden Synergiepotentiale, aber auch Barrieren deutlich. Die beteiligten Einrichtungen sollten die Fokusgruppenarbeit (im Sinne eines Qualitätszirkels) fortsetzen und die notwendigen Klärungen zur (probeweisen) Umsetzung der Kooperationsmodelle (Bedarfsplanung, Meldeverfahren, Vergütungsmodus, Qualitäts- und Notfallmanagement, Dokumentationsverfahren etc.) vorantreiben.

Publikationen und Vorträge zum Projekt

Dibbelt S (2016). Projekt Pro MBOR: Vorgehensweisen bei der Zuweisung zu MBOR, Optimierungspotentiale und Lösungen im Rahmen einer Kooperation dreier Reha-Einrichtungen. Vortrag auf der Jahrestagung am 22.1. 2016 des Nordrhein-Westfälischen Forschungsverbundes Rehabilitationswissenschaften mit dem Thema: "Strategie der Zukunft: MBOR in Forschung und Praxis" in der Klinik Münsterland in Bad Rothenfelde.
Dibbelt S (2016). Optimierungspotentiale und Lösungen in einem innovativen MBOR-Kompetenzzentrum - Ergebnisse einer formativen Prozessevaluation. Vortrag in Rehabilitationswissenschaftliches Seminar an der Universität Würzburg.
Dibbelt S, Wulfert E, Greitemann B, Bauer J, Sharief T, Purucker HC (2017). Voraussetzungen und Barrieren für eine Klinik-Kooperation bei der medizinisch-beruflichen Rehabilitation - Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Projektes Pro MBOR. 26. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium - Deutscher Kongress für Rehabilitationsforschung: Prävention und Rehabilitation in Zeiten der Globalisierung vom 20. bis 22. März 2017 in Frankfurt am Main. DRV-Schriften Band 111, 201-202.
Dibbelt S (2017). Projekt Pro MBOR: Zuweisung zur MBOR - Optimierungspotentiale und Lösungen im Rahmen einer Kooperation (Vortrag). DEGEMED Fachtagung „MBOR Update“ am 18. Mai 2017 in Berlin.
Zitierte Literatur
Bethge M, Brandes I, Klein-Budde K, Löffler S, Neuderth S, Schwarz B, Schwarze M & Vogel H (2012). Abschlussbericht zum Projekt „MBOR-Management - Formative Evaluation der medizinisch-beruflichen orientierten Rehabilitation (MBOR)“ im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Bethge M, Herbold D, Trowitzsch L, Jacobi C (2010). Berufliche Wiedereingliederung nach einer medizinisch-beruflich orientierten orthopädischen Rehabilitation: Eine clusterrandomisierte Studie. Die Rehabilitation, 49, 2-12.
Streibelt M, Buschmann-Steinhage R (2011). Ein Anforderungsprofil zur Durchführung der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation aus der Perspektive der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rehabilitation, 50(3), 160-167.
Streibelt M, Hansmeier T, Müller-Fahrnow W (2006). Effekte berufsbezogener Behandlungselemente in der orthopädischen Rehabilitation der Rentenversicherung. Die Rehabilitation, 45, 161-171.
Stichworte: Berufliche Rehabilitation, Formative Evaluation, Zuweisung